Photovoltaikanlagen auf dem Wasser ermöglichen einen Ausbau von Solaranlagen ohne Nutzungskonflikt. Es gibt viele Gewässer, die dafür in Frage kommen. Die Idee und das Konzept sind noch recht neu und die wenigen Anlagen sind Prototypen. Doch das Potential für schwimmende Photovoltaikanlagen ist gar nicht mal so klein. Daher zeige ich in diesem Text was hinter den schwimmenden Photovoltaikanlagen steckt, wo sie zum Einsatz kommen können und welche Beispiele es bereits gibt.
Inhalt
Was sind schwimmende Photovoltaikanlagen?
Eine schwimmende Photovoltaikanlagen, Floating Photovoltaics oder kurz FPV, ist genau das, was der Name sagt. Die Photovoltaikmodule werden auf einer schwimmenden Unterkonstruktion oder auf Schwimmkörpern montiert. Sie schwimmen in der Regel auf einem stehenden Gewässer bzw. auf ungenutzten Wasserflächen.
Die schwimmende Konstruktion wird entweder im Untergrund oder am Rand des Gewässers verankert. In den meisten Fällen befinden sich die Wechselrichter ebenfalls auf der schwimmenden Unterkonstruktion. Der Netzanschlusspunkt sollte nicht zu weit vom Ufer entfernt liegen.
Geeignete Gewässer sind insbesondere Baggerseen oder Tagebauseen, die durch den Abbau von Sand und Kies bzw. Braunkohle entstanden sind. Der Vorteil ist der entsprechend große Netzanschluss in der Nähe. Für andere Nutzungen kommen diese Gewässer normalerweise aus Gründen der Sicherheit nicht in Frage.
Theoretisch sind alle Süßwasser-Seen mit einer geringen Strömung und einer mäßigen Windlast für diese Anlagen denkbar. Diese dienen jedoch in der Regel der Naherholung oder stehen unter Naturschutz.
Warum werden schwimmende Photovoltaikanlagen gebaut?
Um die Klimaziele in Deutschland zu erreichen, benötigen wir einen deutlich schnelleren Ausbau der erneuerbaren Energien. Wir müssen alle zur Verfügung stehenden Flächen nutzen – besonders Flächen, die wir nicht nicht anderweitig nutzen können, sind geeignet.
Für eine klimaneutrale Energieversorgung brauchen wir mindestens die zehnfache Leistung der bereits installierten Photovoltaikanlagen. Bislang erzeugen im Frühjahr 2021 in Deutschland Photovoltaikanlagen mit einer Leistung von 56 GW sauberen Strom. Die erforderliche Leistung schwankt je nach Untersuchung zwischen 530 GW (Fraunhofer ISE Studie “Wege zu einem klimaneutralen Energiesystem”) und 800 GW (Handbuch Klimaschutz im Sonnenszenario)
Dachflächen und Fassaden von Gebäuden reichen für diese große Anzahl an benötigten Photovoltaikanlagen nicht aus, ihr Potential liegt zwischen 300 und 730 GW – je nach Studie und Szenario.
Den größten Teil des verbleibenden Bedarfs können Freiflächenanlagen decken. Das Potential dieser Anlagen liegt bei 200 bis 300 GW.
Durch die begrenzte Flächen müssen weitere mögliche Lösungen gefunden und genutzt werden. Neben der bereits vorgestellten Agriphotovoltaik gehören auch die schwimmenden Photovoltaikanlagen zu dieser innovativen Form der solaren Energiegewinnung.
Es gibt in Deutschland viele Gewässer bei denen keine Flächennutzungskonflikte auftreten. Das sind neben den Tagebauseen vor allem Kiesgruben, Baggerseen und künstliche Standgewässer aus dem Abbau von Baumaterialien. Aus Gründen der Sicherheit oder des Naturschutzes dürfen sie nicht anderweitig genutzt werden.
Ein weiterer Grund für den Bau von schwimmenden Photovoltaikanlagen ist der hohe Strombedarf von Kieswerken. Große Dächer für den Bau von Solaranlagen haben sie nicht, aber dafür große Wasserflächen.
Vor- und Nachteile
Vorteile | Nachteile |
---|---|
Höherer Ertrag durch die Kühlung der PV Module durch das Wasser | Stromgestehungskosten 10 bis 15 Prozent höher als bei Freiflächen PV-Kraftwerken an Land |
Hohe Flächennutzungseffizienz von ca. 1,33 MWp/ha installierte Leistung | Erhöhter Aufwand für Montage und Wartung |
Keine Flächennutzungskonflikte bei Baggerseen und Tagebauseen | Keine Langzeitstudien über die Folgen für die Gewässerökologie |
Verschattung des Gewässers und damit weniger Verdunstung | Eigenverbrauch nur bei Baggerseen und Kieswerken möglich |
Risiko von Algenbildung verringert sich durch niedrigere Wassertemperatur | |
Keine Einzäunung zum Schutz vor Diebstahl notwendig kostengünstiger Aufbau | |
Rückstandsfreier Rückbau möglich |
Potential für Photovoltaik auf dem Wasser
Durch den Braunkohletagebau gibt es in Deutschland rund 500 Tagebauseen mit einer Gesamtfläche von 47.251 Hektar. Das Fraunhofer ISE schätzt das technische Potential für schwimmende Photovoltaikanlagen auf 56 GW. Aufgrund anderer Nutzungen und Fragen des Naturschutzes bleibt ein wirtschaftlich nutzbares Potential einer installierten Leistung von 2,74 GWp. Dieses liegt hauptsächlich in der Lausitz und im Mitteldeutschen Revier.
Hinzu kommen noch mehr als 4.400 Baggerseen, Kiesseen, Stauseen und andere künstliche Standgewässer, die ebenfalls für schwimmende Photovoltaik-Kraftwerke geeignet sind. Für diese gibt es noch keine Abschätzung des Potentials.
Rechtliche Fragen
Die Genehmigung einer schwimmenden Photovoltaikanlage hängt von den wasserrechtlichen Bestimmungen, definiert im Wasserhaushaltsgesetz, und dem jeweiligen Landeswasserrecht ab.
Künstliche Anlagen müssen nach dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG § 36) so errichtet werden, dass keine schädlichen Gewässerverunreinigungen zu erwarten sind und die Unterhaltung des Gewässers nicht mehr erschwert wird, als den Umständen nach unvermeidbar ist. Das gilt für bauliche Anlagen am Wasser, wie Brücken, Anlegestellen, Hafenanlagen, Leitungsanlagen und Fähren, kann u. U. aber auch auf FPV angewendet werden
Darüber hinaus sind die landesrechtlichen Vorschriften, z. B. in NRW das Landeswassergesetz § 22, zu beachten. Zuständig für die Genehmigung ist die jeweilige untere Wasserschutzbehörde vor Ort. Je nach Bundesland kann eine zusätzliche Baugenehmigung notwendig werden. In NRW schließt die Genehmigung nach dem Landeswassergesetz eine Baugenehmigung mit ein.
In der Planung sind auch Eigentumsverhältnisse und Nutzungsrechte des Gewässers zu beachten. Die wenigsten Hindernisse sind bei künstlichen Seen zu erwarten, da der Betreiber in der Regel auch der Eigentümer der Wasserfläche ist.
Stromvermarktung und Förderung für den Solarstrom
Schwimmende Photovoltaikanlagen werden häufig auf Baggerseen errichtet. Wird der Baggersee noch wirtschaftlich genutzt, kann der Betreiber den Solarstrom für den Eigenverbrauch nutzen – unter der Voraussetzung, dass der Betreiber des Kieswerks auch die Photovoltaikanlage betreibt.
Für Strom, der aus diesen Anlagen in das Netz eingespeist wird, erhalten Betreiber eine Einspeisevergütung. Die Photovoltaikanlagen auf künstlichen Gewässern können als sonstige bauliche Anlagen, die vorrangig zu anderen Zwecken errichtet wurden, nach EEG § 48 Absatz 1 betrachtet werden.
Photovoltaikanlagen mit einer Leistung größer 750 kW müssen an der Ausschreibung der Bundesnetzagentur teilnehmen, um den Zuschlag für eine Einspeisevergütung zu erhalten. Aufgrund höherer Investitionskosten sind die Chancen auf einen Zuschlag sehr gering. Daher gibt es zum 01. April eine Sonderausschreibung, in der unter anderem Photovoltaikanlagen zum Zuge kommen können, die auf Gewässern errichtet werden.
Beispiele für PV auf dem Wasser in Deutschland
Bereits realisierte Projekte zeigen mögliche Bauweisen und Größe der schwimmenden Photovoltaikanlagen.
Kieswerk in Renchen
Die größte schwimmende Photovoltaikanlage in Deutschland liegt auf dem Maiwaldsee im badischen Renchen und wurde im Juli 2019 in Betrieb genommen. Sie gehört zu einem Kieswerk, das den Solarstrom überwiegend für die eigenen Maschinen nutzt.
Mit einer Leistung von 749 kWp ist sie gerade so groß, dass der Betreiber für den ins Netz eingespeisten Strom eine Einspeisevergütung erhält.
Im ersten Jahr haben die 2.300 Module 860 MWh Strom erzeugt, davon sind 75 Prozent in die Eigenversorgung des Kieswerks geflossen. Der Betreiber konnte damit seine Stromkosten im Vergleich zum Vorjahr um zehn Prozent und die CO2-Emissionen um 560 Tonnen reduzieren.
Extreme Wetterbedingungen haben sich im ersten Betriebsjahr der Anlage nicht negativ ausgewirkt – weder der Hitzesommer, noch starke Stürme.
Die guten Erfahrungen mit dieser Anlage könnten Vorbild für die 150 weiteren aktiven Baggerseen in der Rheinschiene sein.
Baggersee in Dettelbach
Im unterfränkischen Dettelbach (Landkreis Kitzingen, Bayern) erzeugt seit Ende 2020 eine schwimmende Photovoltaikanlage Strom für ein Kieswerk. Die jährlichen 700 MWh Solarstrom sollen überwiegend für den Eigenverbrauch im Kieswerk genutzt werden. Damit reduziert das Kieswerk die jährlichen CO2-Emissionen um 280 Tonnen.
Die Module sind auf 4.000 Schwimmkörper montiert, die miteinander verschraubt und mit Betonfundamenten im See verankert sind. Der Beton stammt aus dem eigenen Betonwerk.
Sand und Kieswerk in Weeze
Eine weitere große schwimmende Photovoltaikanlage befindet sich seit Herbst 2020 auf einem Baggersee im niederrheinischen Weeze. Die Anlage mit 750 kWp Leistung ruht auf zwölf Meter langen schwimmenden Stahlelementen, die untereinander verbunden sind. Auf ihnen sind die 1.872 Module mit einer Neigung von zehn Grad in Ost- und West-Richtung montiert.
Der Strom aus der schwimmenden Solaranlage dient hier auch überwiegend für den Eigenverbrauch im Kieswerk. Man rechnet mit einer Eigenverbrauchsquote von 75 Prozent.
Fazit
Die Idee der schwimmenden Photovoltaikanlagen ist noch sehr neu. Erste Anlagen sind eher Prototypen und noch keine zwei Jahre in Betrieb. Jede Anlage hat unterschiedliche Unterkonstruktionen und Schwimmkörper. Mit steigender Anzahl der Anlagen wird es sicher standardisierte Aufbauten geben, die die Kosten senken. Erste Projektentwickler bieten diese Solarkraftwerke an.
Auch wenn die Vorstellung noch sehr ungewöhnlich klingt, ist es durchaus sinnvoll, die Wasserflächen für die Stromerzeugung zu nutzen. Die Solarmodule werden besser hinterlüftet als auf einem Dach, damit steigt die Energieausbeute. Für den See ist die Verschattung durch die Module von Vorteil, er heizt sich weniger auf und es bilden sich weniger Algen. Betreiber der Kieswerke können ihre CO2-Emissionen mit dem Solarstrom reduzieren.
Doch ein Wermutstropfen bleibt: die Solaranlagen dürfen nur eine maximale Leistung von 750 kWp haben. So fallen die Anlagen kleiner aus als sie eigentlich sein könnten. Größere Anlagen müssen in die Ausschreibung und schwimmende Photovoltaikanlagen werden sich nur schwer gegen andere Freiflächenanlagen durchsetzen. Sie müssen bis zur Innovations-Ausschreibung im April 2022 warten.